Grillen

„Hast du die Kohle eingepackt?“, fragte er mit aufgeregter Miene während er die Ikea-Tasche hoch hob.
„Und die Streichhölzer?“, stellte er die nächste Frage noch bevor ich antworten konnte, so nickte ich und versuchte nicht zu lachen. Er war immer so aufgeregt. Grillen war eine seiner Lieblingsbeschäftigungen, ob alleine, mit Familie oder mit Freunden, das war ihm fast egal. Hauptsache grillen!
„Hast du auch an das Besteck gedacht?“
„Ja, ist in der Tasche.“
„Was ist mit dem Fleisch?“
„Das hast du doch selber aus dem Kühlschrank geholt und eingepackt, mein Schatz. Ich habe die Liste, die du mit geschickt hast, durchgearbeitet“, sagte ich.
„Dann können wir los!“, sagte er und rannte fast die Tür hinaus.
Die Sonne strahlte heute ausnahmsweise und ganz München war an der Isar. Familien, Freundesgruppen, verliebte Paare und tausende Hunde. Alle wollten die für Münchner oft kostbaren Sonnenstunden genießen. Jede mit Gras befleckte Ecke war voll. Am Ufer lagen die Bierkästen, die Cola-, Wasser- oder sonst welche Flaschen. Der eine oder andere zeigte stolz seinen Bierbauch und die eine oder andere ihre wohl trainierten „Bombes“. So etwas tolles, es war wieder Sommer in der Stadt und man zeigte Haut. Dunkle, weniger dunkle und noch weniger dunkle. Nein ich bin nicht rassistisch - der Winter und die langen, ewigen, sonnenlosen Tage hatten Spuren hinterlassen! 



Wie auch immer, wir waren angekommen. Nach den Grüßen rechts und Grüßen links machten wir uns daran auszupacken. Nach fünf Minuten merkte ich wie er immer gestresster aussah und dass ihm der Schweiß in Strömen übers Gesicht fließt.
„Alles gut mein Schatz?“, fragte ich während die Picknickdecke ihren Platz auf dem Boden fand.
„Alles prima!“, sagte er schnell und lief zurück in Richtung Auto.
Ich versuchte währenddessen schulterzuckend unseren Bierkasten neben den anderen ins Wasser zu stellen. Gott sei Dank gibt es immer und sofort Hilfe wenn es ums Bier geht, und so half mir schnell einer der Jungs aus der Gruppe.
Nach gefühlten zehn Minuten kam er wieder mit einem Gesicht wie nach sieben Tagen Regenwetter, auf dem zusätzlich ein Teil der Isar, nach Monaten Regen, sich ein Kanal geschaffen hatte und nun ungeniert floss.
„Ich finde den Grill nicht! Ich glaube wir haben ihn vergessen!“, sagte er fast heulend.
Ich wollte schon „Wir?“ fragen aber ich hatte Angst, dass er sich bald vor Schmerz in Luft auflöst und sagte statt dessen nur, dass wir bei den anderen mit grillen könnten.
Sein Gesicht wurde noch roter und ich hatte fast das Gefühl, dass der neue Isar-Kanal plötzlich noch schneller fließt. Aus dem Nachmittag wurde leider nichts. Er lag den ganzen Abend reglos auf der Decke, sprach mit niemandem und verschlang ein Bier nach dem anderen, was dem Isar-Kanal noch mehr Flüssigkeit hinzufügte und ihm gegen einundzwanzig Uhr einen tief erlösenden Schlaf brachte.
Ich konnte mich in der Zeit entspannen. Keine Fragerei darüber wo das Fleisch war, ich habe es einfach den anderen gegeben. Ich musste ausserdem nicht hin und her rennen um ihm ständig das was er fürs Grillen braucht zu bringen und hatte Spaß beim Fangen spielen mit einem der Hunde. Toll ist das Grillen, wenn man den Grill daheim vergisst. Vielleicht sollte ich das nächste mal auch den Mann mal daheim lassen? ;-)