Es gibt seit ein paar Tagen immer wieder Artikel über das Zuspätsein, die ihre Runden auf Facebook drehen.
Menschen, die zu spät sind, seien kreativer, freundlicher, lockerer, besser, blah blah blaaaah.
Ja, es ist Sommer, und jeder Unsinn wird im Sommer groß gefeiert. Pumas laufen plötzlich jedes Jahr aufs Neue durch die südtiroler Wälder, oder Tiger durch irgendeine Stadt, eben immer wieder irgendein Unsinn, der die Menschen unterhalten soll und oft genug von irgendwelchen politischen Entscheidungen ablenkt, die in den Sommerferien, abseits des Interesses der Öffentlichkeit, schneller getroffen werden. Siehe zum Beispiel – dieses Jahr – TTIP!
Jeder kommt mal zu spät! Das passiert einfach! Die U-Bahn kam nicht pünktlich, der Schlüssel wollte nicht, Geldbeutel daheim vergessen, der Wecker – der arme – hat mal wieder nicht geklingelt, man hat tatsächlich etwas sehr spannendes gemacht und die Zeit vergessen. Das kommt hin und wieder vor, ABER nicht IMMER!
Es gibt sie, diese Menschen, die regelrecht immer zu spät sind. Man sitzt an der verabredeten Stelle, und zwar seit 15-20 Minuten, und denkt sich langsam, dass etwas passiert ist und ruft an. Welch eine Überraschung, derjenige ist gerade in der U-Bahn und wird in 5 (eher 50!) Minuten da sein. Oder er ist noch gar nicht aus dem Haus gegangen, da er die Phrase “Morgen um 12 Uhr, am (meinetwegen) Marienplatz” nicht verstanden hat oder sie ihm zu undeutlich war (???). Und solche Beispiel gibt es so was von endlos. Man bekommt es einfach mit - Ihr seid einmal, zweimal…zehnmal zu spät, man gewöhnt sich daran, OK.
ABER!
Für die meisten Menschen ist das Zuspätsein – Gott sei Dank – noch eine Mangel an Respekt. Es ist keine positive Charaktereigenschaft, wie die Verfasser mancher Artikel, die das spätsein kürzlich hoch priesen – und die wohl selber notorische Zuspätkommer sind –, meinen.
Ihr seid nicht freundlicher, im Gegenteil, genau ihr seid diejenigen, die rumschreien, falls euch einmal das gleiche passiert oder ihr einmal pünktlich gewesen seid, weil man euch als Zeit eine halbe Stunde vorher gesagt hat (ja, ja, ihr lernt daraus – das wissen wir – aber wir auch!).
Auch wenn es so wäre, dass ihr freundliche Menschen seid, wie lange/oft könnt ihr euch so etwas denn leisten? Denn irgendwann einmal reicht es jedem, und all die Freundlichkeit der Welt würde mir persönlich bei einem chronischen Zuspätkommer (vorallem bei einem, bei dem man merkt, dass er oft einfach “doesn’t give a fuck”) nicht ausreichen, um ihn/sie als FreundIn zu behalten, denn es ist nervig und frustrierend. Und es macht aus uns (dem Rest, der auch freundlich, nett und all das Andere ist/sein kann) gestresste, irritierte Menschen.
Weiter eine Frage. Wieso sollten wir das akzeptieren? Wieso ist eure Zeit wichtiger als unsere?
Sollte der Dienstarzt auch zu spät zu seiner OP kommen? Sagen “och, Moment mal, ich habe da ein wichtiges Video von zwei Kätzchen auf Facebook, das ich unbedingt noch schauen wollte”? Das, nachdem er womöglich schon den ganzen Tag auf Facebook war. Ach, ihr seid nicht den ganzen Tag auf Facebook, hattet Wäsche zu tun, musstet duschen, noch telefonieren und Gott weiß was noch? Und wir nicht?
Die Zeit vergessen? Stellt ein Wecker. Der funktioniert nicht? Aber die Welt ist doch heutzutage voll mit Handys, die nehmt ihr doch sonst überall hin mit, und ihr habt sie sogar im Kinosaal und Krankenhaus nicht auf lautlos, aber sonst vor einem Treffen schon? Wirklich?
Ach Herrgott nein!
Das ist Respektlosigkeit, schlechte Erziehung und all der Rest.
Nur weil es ein paar kreative Menschen gibt, die oft unpünktlich kommen, sind nicht alle Unpünktlichkommer kreativ.
Und hört bitte auf, euch als etwas Besseres darzustellen, denn ich bin mir sicher, dass sogar Hitler die ersten drei Sekunden seines Lebens ein guter Mensch war. (oder: mal eine positive Eigenschaft hatte, wie leider Gottes einen guter Stratege zu sein).
Ja, ich habe Hitler gesagt! X_X