Ich war im dritten oder vierten Semester meines Studiums, also noch im Grundstudium, aber weit genug, um mit Vorträgen anzufangen, als ich in einem Seminar über die italienische Literatur des Postmodernismus einen Vortrag mit zwei anderen Mädels halten musste. Die Dozentin zeigte zu der Zeit, in meinen Augen, sehr viel Strenge und forderte sehr viel Einsatz, was nicht weiter schlimm gewesen wäre. Als Menschentypus bin ich eher die Introvertierte. Ich war zwar nicht immer so - Menschen ändern sich -, aber nun hasse ich es abgrundtief vor Menschen (Gruppen ab 2-3) zu reden, vor allem in einer Fremdsprache, sei sie Deutsch oder Italienisch. Ich erinnere mich noch, damals eines der Mädels gefragt zu haben, wie sie damit umgehen, wie es hier (Deutschland) in der Schule war und ob sie irgendwelchen Tipps dazu hätte. Ich war nichtmal fertig mit meiner Fragestellung, als mich die andere, sehr hochnäsig und überzeugt von sich, mir fast schreiend sagte, in Deutschland lerne man in der Schule frei zu sprechen, Hilfsmittel wären nicht erlaubt. Nun gut, dachte ich mir, dann müsstet ihr Deutschen die geborenen Oratoren sein, was natürlich sehr weit von der Wahrheit entfernt ist. Menschen sind unterschiedlich, egal ob sie aus dem gleichen kulturellen Raum kommen oder aus unterschiedlichen. Manche sind zurückhaltender, andere explosiv und extrovertiert. Mit der Zeit habe ich gelernt, dass bei einem Vortrag, in der Uni zumindest, der Inhalt viel wichtiger ist, als die Art, mit der er vorgetragen wird. Ich habe viele Vorträge von Professoren und Dozenten gehört, die nichts anderes taten als monoton und leblos aus ihren Skripten vorzulesen. Zu dieser Gruppe gehörte die oben genannte Dozentin. Ich nahm aber auch Teil an Vorlesungen und Vorträge mancher Dozenten/-innen und Professoren, die einfach wie dafür geboren erschienen vor Menschen zu reden.
Was ich damals tat? Ich habe das Seminar verlassen, nicht nur weil ich Angst hatte vor Menschen zu reden, sondern aus unterschiedlichen Gründen. Ich besuchte andere Seminare mit interessanteren und akzeptableren Menschen als Dozenten und Kommilitonen. Den Entschluss habe ich nie bereut, ich lernte Dozenten und Professoren kennen, die das Thema “Vor Menschen reden” thematisierten und gute Tipps gaben. Habe ich die “Angst” überwunden? Nein, so leicht ist es nicht. Aber ich habe mir bestimmte “Arbeitsschritte” erarbeiten können und kein Professor oder Dozent hat sich je über meine Vortragsart beschwert. Es gibt dazu viele Tricks, die jeder für sich entdecken und erarbeiten muss/kann. Zurück zu der Dame, die mich so hochnäsig behandelte: als ich meine Abschlussarbeit schrieb, war sie immernoch mit ihr Zwischenprüfung beschäftigt. Soviel dazu.